Die sich schließende Tür
Zweiter Teil einer neuen, noch unveröffentlichten, fragmentarischen Erzählung…
Es war zur gleichen Zeit faszinierend zu beobachten, bestürzend zu erleben und entmutigend auf dem kommenden Weg, verflochten in seltsamen Empfindungen um das Ende der Dinge…
Während er wirklich versuchte das Leben wieder in den Griff zu bekommen: das emotionale, spirituelle, wie soziale Ungleichgewicht, welches ihn in diesem Jahr auf bittere Weise heimgesucht hatte, auszugleichen, wuchs der Druck von Außen, durch Freunde, Bekannte, in der wenigen, ihm noch verbliebenen Arbeit auf immer stärkere Weise. Durch Erwartungen, Enttäuschungen, Forderungen, Fehlentscheidungen, unglückliche Umstände und Begebenheiten, bis kaum noch etwas übrig zu bleiben schien oder er frei vom Schein dieser Existenz wurde, so als beginne sich eine Tür zu schließen, da den Weg in den Abgrund, er bereits gegangen war und nun allein die Konsequenzen zurückblieben, denn die Ursachen waren schon lange vollzogen und vielleicht unumkehrbar.
Menschen wandten sich ab, er selbst diesem oder jenem, aus Enttäuschung oder Resignation den Rücken zu, Möglichkeiten zerfielen ins Nichts oder wurden selbst zu Staub zertreten, das wenige, noch Gebliebene, zerbarst langsam und all dies in einem neuen Erwachen, einer seit langem vergessenen Klarheit, da ein Schmerz ihn geplagt hatte, den er nun besser zu begreifen begann.
Trotz all der Geschehnisse…
Er konnte jedoch nur noch zusehen und vielleicht war das neu gefundene Gleichgewicht, auch nur allein dafür da, um nicht vollends zu zerbrechen, so als stand der Herr hinter ihm, wie ein stützender Engel, wo doch um ihn herum, beinahe alles in Trümmern lag.
Während die einen um sein Seelenheil stritten, verstießen andere ihn in Ignoranz seiner Existenz und trotz des tiefen Vertrauen, das er ihnen entgegen gebracht hatte.
Das was er tat, wie er agierte, war von ihm bestimmt, aber mit dem Herrn wachend im Hintergrund. Wenn er sich müde fühlte, wurde er aufgeweckt. War er trägen Herzens, öffnete sich der Quell seiner Empathie und seines Mitleids. War er wütend, wurde sein wilder Zorn besänftigt. Hatte er Angst, spürte er die schützenden Hände über seiner Existenz.
»So ist der Herr, dies seine Liebe, in der ich erwachen kann.«, dachte er still bei sich selbst.
Der ihn plagende Schmerz erfuhr Linderung und er fand sein wahres Selbst wieder, welches er schon fast verloren glaubte, ja im Laufe der Zeit zu verachten begann und zu ersticken suchte.
»Bin ich meiner selbst in der Pein? Oder wenn ich frei davon bin?«, fragte er sich erneut.
Die innere Unruhe, die Angst und der Zwiespalt in ihm, waren wie dunkle Stimmen, die ihn, wilden Strömen gleich, in die gefährlichen Gewässer lockten, zu ertränken und nieder zu strecken suchten.
»Im Wanken jedoch, leiht mir der Herr seine Schulter zum Gleichgewicht, hinter mir wachend, in einem jeden Augenblicke.«, hörte er eine Stimme im Innern Antwort geben.
Doch war den Weg in die Dunkelheit er bereits gegangen, zu weit vorgedrungen in die Verzweiflung, zu tief versunken im Morast des Elends und der Schande? Er schaute zurück und versuchte umzukehren, doch sah die Tür schon zufallen.
Er wusste nicht, ob er sie aufzustoßen vermochte, doch versuchen würde er es gewiss, denn auch wenn dort sich Menschen von ihm abwandten und Dinge sich vermehrt zerschlugen, hier war er nicht allein und das Leben nahm seinen Lauf. Auf diese Weise nahm der Herr ihm seinen Schatten, auf das er doch noch im Lichte wandeln konnte und nicht zuschanden kam…
RR, 18.11.2015, 26.10.2016 & 24.11.2016