Über Verse der Erkenntnis und des Trostes in Zeiten der Finsternis
Als ich vor einigen Wochen einige Artikel auf verschiedenen englischsprachigen Seiten wie The Guardian, The Atlantic, Vox etc. über die Kraft der Lyrik in schwierigen Zeiten las, in diesem Fall das katastrophale Ergebnis der amerikanischen Wahlen, und dabei auf bestimmte Gedichte stieß, musste ich sofort an ähnliche, eigene Verse denken. Und da ich mich nur ungern mit fremden Federn schmücke, auch wenn die eigenen Worte womöglich nur ein Abglanz jener großen, in den Publikationen zitierten Verse, sind, so nahm ich mir diese doch vor, um darin weiter zu forschen. Im Atlantic gab es eine Sektion mit Leserbriefen, in denen ähnliche Gedichte eingeschickt wurden, woran ich auch gedacht, wozu es aber dann doch nicht kam, sondern stattdessen zu diesem Eintrag hier.
Und auch in der darauf folgenden Zeit, gab es immer mehr Artikel zu diesem Thema, alle mit der Quintessenz, wie Kunst oder Lyrik an sich, das Wesen des menschlichen Lebens auf eine einzigartige, kostbare Weise zu kristallisieren, auf den Punkt zu bringen vermag.
Im Artikel ging es darum Trost in schweren Zeiten zu finden, was ich in den eigenen Worten zu finden glaubte und mehr noch. Seltsamerweise auch so viele Aspekte der aktuellen Lebenstage, in denen in mir und um mich herum so viel geschieht.
Die Frage nach der Schuld…
Ins Mondlicht, nur verdeckt von einem Wolkenschleier, trete ich…
Aus dem Gleichnis “Ein Blütenzweig” von R. Rehahn.
Im Teiche spiegelt sich mein Angesicht. Ins Licht des Mondes trete ich, mein Angesicht spiegelt sich im Teiche.
Ich zermartere mir das Hirn darüber, warum manche Dinge so laufen, wie sie es tun. Trage ich die Allein- oder in jedem Fall eine Mitschuld? Fühlen sich die anderen ebenso?
Die Angst vorm Alleinsein…
Ihr seid zurückgekehrt… Euch zu geleiten, zu begleiten und zu führen, hinaus aus dem Wald und des langen Weges Weite. Doch so wie ihr war ich nie fort…
Aus dem Gleichnis “Ein Blütenzweig” von R. Rehahn.
Es ist so schwierig stressvolle, düstere, verändernde Zeiten alleine durchstehen zu müssen. Bin ich allein oder doch nicht?
Über den vor uns liegenden Winter…
Der Morgen dämmert schon und dort in der Ferne, wo längst Abschied hat genommen der Herbst, liegt der erste Schnee in bitt’rer Kälte… Müssen dorthin wir gehen? Dorthin in die Kälte führt uns jener Pfad, der da nun ward unser…
Aus dem Gleichnis “Ein Blütenzweig” von R. Rehahn.
Die vor mir liegende Zeit wird nicht einfacher, im Gegenteil, mit alldem was geschieht, liegen harte, schwere Tage vor mir. Ein buchstäblicher Winter in vielerlei Hinsicht.
Mitleid & Trost in Zeiten der Finsternis…
Siehe aber, Du bist nicht allein!
Aus dem Gleichnis “Ein Blütenzweig” von R. Rehahn.
Tatsächlich darf ich diesen Pfad in reger Zweisamkeit wandeln, in und außer mir gibt es Stimmen des Lichtes, denn…
Vergänglichkeit und Leid wird der empfangen, der da trachtet nach der Welt… Wer aber in dem Geiste1 sucht, der soll das ewige Leben und wahren Frieden finden…
Aus dem Gleichnis “Ein Blütenzweig” von R. Rehahn.
Denn die anfängliche Wut, die Impulsaffekte, den inneren Ärger, den Kummer, die Traurigkeit und Verzweiflung in mir, haben mich nicht antreiben können. Ich habe mich nicht zu etwas hinreißen lassen, wenngleich zum Schweigen und zur Stille, was natürlich abweisend und kalt erscheinen mag. Doch meine Natur ist eine andere, eine heilende, versöhnende und hoffende. Und so lange ich es nicht vermag auf eine gewisse Weise zu wirken, Worte des Mitgefühls und des Trostes, der eigenen Schuld und der Versöhnung auszusprechen, anstatt Phrasen der Entzweiung, Beleidigung, des Trotzes, Messergleich, verletzend und hart, schien das agierende Wesen in mir verstockt, stumm und ausharrend. Ja, vielleicht auf Antwort wartend, durch Erkenntnis, in Gebet und Meditation, in der Bitte um ein Zeichen… In der Hoffnung auf Bewahrung der eigenen, guten, lichten Seele, nicht im Nähren, der Dunkelheit in mir.
Ernten soll jener Mensch, der da sähet…
Aus dem Gleichnis “Ein Blütenzweig” von R. Rehahn.
Und so vernahm ich in den Morgenstunden des heutigen Tages endlich diese lichte Stimme und vermag es nun zu erkennen, zu verstehen und zu agieren.
Ich brach einen Zweig, doch fand keine Blüte, denn die Blüte war nirgendwo anders, als im Frühlingshimmel.
Zitat aus “Das Haus Kanze” von Nobuko Allery & aus dem Gleichnis “Ein Blütenzweig” von R. Rehahn.
Weit in der Ferne war der auflösende, gute Sinn, doch nimmer unerreichbar, so wirkt der Geist…
- „Im Geiste”, lässt sich auf vielerlei Weise interpretieren, je nach Standpunkt, Religion oder Gesinnung. Von dort wo ich stehe, sind der Geist bei Gott, der Geist des Menschen gemeint, wo Liebe, Empathie, Mitgefühl, Wahrheit, Erkenntnis, Selbstkritik, Umkehr usw. sind. Es geht darum zu harmonisieren, zu vereinen und zusammenzubringen. Nicht um den Preis der Wahrheit will, im Beschönigen oder Verschleiern, aber tatsächlich in der Wahrheit, auch wenn sie ein wenig schmerzt. Weil sie jedoch nicht das letzte Wort ist, sondern nur der Anfang, führt sie uns weiter – vielleicht nicht dahin, wo wir denken, dass Sie uns führen wird, doch hoffentlich heilend oder uns nicht verzweifeln lassend. Mit der Gewissheit des kommenden Frühlings in Geist und Herzen, auch wenn ein kalter Winter bevorsteht.
- Im Geiste ist jedoch auch das Gegenteil von Affekt, scheint mir. Anstatt aus Wut, Verzweiflung, Verletzung etc. zu agieren, tritt man einen Schritt zurück, wägt ab und sucht nach anderen Lösungen, die sich einem nicht unmittelbar erschließen können. Denn “dort wo ihr Euch in meinem Namen zusammenfindet…”, spricht der Herr, “da bin ich mitten unter Euch!”. ↩